Grußwort der Parlamentarischen Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Elke Ferner

zur Initiative Equal Care Day am 29. Februar 2016

Sehr geehrte Damen und Herren,

wer pflegt, wer erzieht, wer kümmert sich? Gegenwärtig wird die Sorgearbeit in Familien überwiegend von Frauen geleistet. Frauen arbeiten eine Stunde mehr als Männer. Sie leisten allerdings zwei Drittel ihrer Arbeit unbezahlt, während es bei Männern weniger als die Hälfte ist. Aber selbst wenn Erziehung und Pflege bezahlt werden, werden sie vergleichsweise schlecht bezahlt – obwohl personenbezogene soziale Dienstleistungen Zukunftsberufe mit zentraler Bedeutung für die Gesellschaft und hohem Fachkräftebedarf sind.

Unbezahlt oder vergleichsweise gering bezahlt: Für viele Frauen ist dieses Dilemma der fehlenden Wertschätzung für „Care“-Tätigkeiten von existenzieller Bedeutung. Sie brauchen eine auskömmliche Erwerbstätigkeit, um wirtschaftlich unabhängig und im Alter eigenständig abgesichert zu sein. Die Frage der Erwerbstätigkeit von Frauen ist somit eng verknüpft mit der Frage der gesellschaftlichen Organisation von Sorgearbeit. Wer pflegt, wer erzieht, wer kümmert sich, wenn mehr Frauen einer vollzeit- oder vollzeitnahen Erwerbstätigkeit nachgehen? Wie lässt sich eine Infrastruktur für Pflege und Erziehung aufrechterhalten, wenn immer weniger Frauen bereit sind, Sorgearbeit unentgeltlich oder für geringes Entgelt zu leisten? Neben der überfälligen Aufwertung der sozialen Berufe müssen wir insgesamt für mehr Partnerschaftlichkeit bei der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf sorgen. Sorgetätigkeiten sind Frauen- und Männersache! Das ist eine Gerechtigkeitsfrage, aber auch eine Frage der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.

Die Initiative „Equal Care Day“ macht alle vier Jahre am 29. Februar darauf aufmerksam, dass Frauen und Männer in sehr unterschiedlichem Umfang „Care“-Arbeit leisten. Sie geht davon aus, dass Frauen bereits in einem Jahr so viel Sorge- und Hausarbeit erbringen wie Männer in vier Jahren. Ich begrüße diese Initiative; denn ich finde es wichtig, die ungleiche Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern und deren Folgen ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Heutzutage wünschen sich gerade jüngere Menschen mehr Partnerschaftlichkeit zwischen den Geschlechtern. Wir unterstützen das durch vielfältige Maßnahmen wie dem Ausbau der Kinderbetreuung, der Einführung des ElterngeldPlus als ersten Schritt hin zu einer Familienarbeitszeit, der Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf und Maßnahmen für mehr Lohngerechtigkeit. Hierzu gehören die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, von dem gerade Frauen überproportional profitieren ebenso wie das geplante Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit, die Aufwertung sozialer Berufe durch die geplante Reform der Pflegeberufe oder die Einführung des Rechts auf befristete Teilzeit. All dies wird zu mehr Gerechtigkeit und Partnerschaftlichkeit führen.

Einen Schalttag gibt es nur alle vier Jahre. Der Equal Care Day wird durch seine Verbindung mit diesem Datum zu einem besonderen Tag. Aber es wäre viel zu wenig, nur alle vier Jahre an die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern zu denken. Partnerschaftlichkeit ist eine Aufgabe für jeden Tag. Nur wenn wir die Lebensverhältnisse, die Ungleichheiten hervorbringen, verändern, lässt sich tatsächliche Gleichstellung verwirklichen.