Heute ist Equal Care Day! |
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Seit dem ersten Equal Care Day-Festival am 28. + 29. Februar 2020 sind drei Jahre vergangenen. Drei Jahre, die geprägt waren von Pandemie und Einschränkungen des sozialen Lebens, die wir uns davor nur schwer hätten vorstellen können. Damit einher gingen zusätzliche Belastungen, die die zuvor schon fraglie Vereinbarkeit von Beruf und Familien- und Sorgearbeit erschwert bis verunmöglicht haben, was dazu führte, dass insbesondere Mütter ihre Erwerbstätigkeit reduzieren mussten, um überhaupt klar zu kommen … und darüber zunehmend das Vertrauen in Politik und Wirtschaft verlieren. Sie tragen nämlich nicht nur die aktuelle Hauptlast, sondern auch die späteren Folgen: geringere Rentenansprüche, Vermögen und persönliche Freiheit.
Heute vor einem Jahr haben wir angesichts des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine geschrieben:
Care-Arbeit ist Beziehungsarbeit. Es braucht sie, um Krisen zu überwinden. Care-Arbeit ist Friedensarbeit und wir werden sie in nächster Zeit mehr denn je brauchen. Die Frage ist, ob wir weiterhin auf ein System setzen, das diese Arbeit ganz selbstverständlich voraussetzt und benutzt, ohne sie einzuplanen und jene zu honorieren, die davon betroffen sind und diese Last tragen.
Ein Jahr später wissen wir: Die allerorten spürbaren Krisen führen nicht zu einem Bewusstseinswandel, im Gegenteil. Aus Politik und Wirtschaft kommt ein hartnäckiges "Weiter so!". Wir sollen noch mehr und länger erwerbsarbeiten, wer das nicht tut, hat angeblich "keinen Bock" - private Care-Arbeit zählt nicht. Gleichzeitig wird über eine 4-Tage-Woche an Schulen nachgedacht, die Betreuungsschlüssel in Kitas stehen zur Disposition, die Väterfreistellung wird ins kommende Jahr verschoben … nur um den Unternehmen in diesen schwierigen Zeiten nicht noch mehr zuzumuten. Die Familien - oder konkret Frauen - werden es schon auffangen?
Gleichberechtigung, in einem umfassenden Sinn gedacht, ist nur möglich, wenn Sorgearbeit mehr Wertschätzung erfährt und fair aufgeteilt wird! Gesellschaftliches Miteinander, das auf Fairness und Wertschätzung baut, gelingt nur mit Equal Care! |
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Ein Schlaglicht auf die aktuelle Care-Situation |
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Die systematische Abwertung der Care-Arbeit belegen wichtige Studien des vergangenen Jahres. In der Analyse stecken zugleich die Lösungen. Hier drei Beispiele aus drei verschiedenen Care-Bereichen: |
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Die „Ich pflege wieder, wenn…“-Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen, Arbeitskammer Saarland und der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen zeigt einmal mehr: Der Pflegekräftemangel in Deutschland spitzt sich weiter zu. Schon vor der Corona-Pandemie war das pflegerische System aufgrund des Personalmangels an seiner Belastungsgrenze. Daher sind viele Pflegekräfte unzufrieden mit der Arbeitsbelastung und erwägen, aus dem Beruf auszusteigen.
Bereits innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Ausbildung verlassen knapp 25% der Pflegekräfte ihren Beruf. Nur etwa jede fünfte Pflegekraft geht davon aus, bis zur Rente im Beruf arbeiten zu können. Ursachen sind vor allem hoher Zeitdruck und Personalmangel, eine schlechte Arbeitsorganisation und ein Zurückbleiben hinter den eigenen fachlichen Ansprüchen. Die hohen Arbeitsbelastungen sind auch ein Grund dafür, dass fast zwei Drittel der Pflegekräfte in der Langzeitpflege in Teilzeit arbeiten, ebenso wie knapp die Hälfte der Pflegekräfte im Pflegedienst der Krankenhäuser. |
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Diskriminierungen von Fürsorgeleistenden |
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Wer Kinder betreut oder Angehörige pflegt, muss mit beruflichen Nachteilen rechnen, das zeigt die Caregiver-Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Für die Studie wurden 2.500 Eltern und 504 Pflegepersonen online befragt sowie Interviews mit Expert*innen und Fokusgruppen geführt.
Demnach haben 56% der befragten Eltern mindestens eine diskriminierende Situation während der Schwangerschaft erlebt. 26% der Mütter und 15% der werdenden Väter erlebten, dass ihnen Verantwortlichkeiten entzogen, weniger anspruchsvolle Aufgaben zugeteilt oder Aufstiegsmöglichkeiten verhindert wurden. Beim Wiedereinstieg nach der Elternzeit berichten 62% von negativen Erfahrungen, hier häufiger Mütter (69 %) als Väter (48 %).
Bei der Pflege von Angehörigen berichten 48% der Pflegenden von diskriminierenden Erfahrungen am Arbeitsplatz. Dazu gehören das Ausbleiben von Gehaltserhöhungen (Frauen 15%, Männer 17%), schlechtere Leistungsbewertungen (Frauen 12%, Männer 16%) oder fehlende Rücksichtnahme auf Pflegeaufgaben bei Terminplanungen (Frauen 16%, Männer 19%). In der Gruppe derer, die Pflegezeit nehmen wollten, sagen 54%, dass Vorgesetzte abfällig/negativ auf die Dauer der Pflegezeit reagierten.
Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Ferda Ataman, spricht heute auf der Equal Care Day-Konferenz über die Studienergebnisse - ihr Input wird aufgezeichnet. Wer heute nicht dabei sein kann, kann ihn später nachschauen. |
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Das klassische Familienmodell wird nach wie vor institutionell bevorzugt, was das Risiko für ökonomisch prekäre Situationen - insbesondere für alleinerziehende Mütter - erhöht. Die Studie „Wer gewinnt? Wer verliert? Die Absicherung von Lebenseinkommen durch Familie und Staat“ (2022) von Timm Bönke und Rick Glaubitz zeigt, dass sich der Gender Gap in den Bruttolebenserwerbseinkommen unter Berücksichtigung von Familienkontext und sozialstaatlichem Wirken schließen lässt.
Vorausgesetzt, dass sich die Frau in einer Ehe befindet und die Einkommen gleichmäßig zwischen den Eheleuten aufgeteilt werden. Bewegen sich Mütter in diesem Familienmodell, fängt das Einkommen ihres Partners eigene Einkommensausfälle infolge von Erwerbsunterbrechungen, etwa durch Erziehungszeiten, auf. Verheiratete Mütter und Väter kommen so auf ein verfügbares Lebenseinkommen von jeweils rund 700.000 Euro. Der deutsche Staat fördert dieses Modell gezielt, etwa durch Ehegattensplitting oder beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenversicherung.
Demgegenüber sind alleinerziehende Frauen im Nachteil. Familienspezifische Transfers, die nicht an die Ehe geknüpft sind, – z.B. Elterngeld – reichen nicht aus, um den durch Erwerbsunterbrechung und Arbeitszeitreduzierung entstehenden Nachteil für Alleinerziehende auszugleichen. Sie kommen nur auf ein äquivalentes verfügbares Lebenseinkommen von 521.000 Euro, wenn sie ihre Kinder überwiegend allein großziehen.
Nicht-staatliche Initiativen wie die Stiftung Alltagsheld:innen versuchen, diese Lücken im System zu schließen. Durch die Energiekrise und die Inflation verschärfte sich die Situation in den vergangenen Monaten weiter. Anlässlich des Equal Care Days spricht die Gründerin der Stiftung, Heidi Thiemann, mit dem Bonner Generalanzeiger über die Geschichte und das Wirken von Alltagsheld:innen. |
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Da sich politisch und wirtschaftlich so wenig bewegt, liegt es an uns als Betroffenen, als Zivilgesellschaft, den sozialen und medialen Veränderungsdruck zu erzeugen. Wir müssen uns untereinander vernetzen, Verbündete finden, auch jenseits unserer jeweiligen Filterblasen, indem wir Stellung beziehen. Heute am Equal Care Day und an jedem anderen Tag im Jahr:
- #equalcareday auf Social-Media verbreiten: Lassen Sie uns auch in den sozialen Medien laut werden. Teilen Sie Ihr Statement zu Equal Care. Wenn Sie den Hashtag #equalcareday oder #ecd2023 nutzen und die Initiative @equalcareday adden, teilen wir Ihren Post über unsere Accounts.
- Sich mit Gleichgesinnten vernetzen: Wer heute nicht bei der Equal Care Day-Konferenz dabei sein kann, kann an zahlreichen anderen Veranstaltungen rund um das Thema Care teilnehmen. Alle Termine finden Sie in unserem ECD-Kalender.
- Aufmerksamkeit schaffen: Einen entscheidenden Beitrag für Equal Care können Sie auch leisten, indem Sie in ihrem Familien- Freund*innen-, Bekannten- oder Kolleg*innenkreis Care-Arbeit ins Bewusstsein rücken. Teilen Sie Ihr Wissen!
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Auf einen solidarischen, lauten und entschlossenen Equal Care Day!
Grüße & Gerechtigkeit wünschen Almut Schnerring und Jana Rapp im Namen des ganzen Equal Care Day-Teams |
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Der ECD 2023 ist eine gemeinsame Veranstaltung von:
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Der Equal Care Day ist eine Initiative von klische*esc e.V., gemeinnütziger Verein zur Förderung von Wahlfreiheit jenseits limitierender Rollenklischees. Erste Vorsitzende: Almut Schnerring
Gensemer Straße 24, 53225 Bonn, post@equalcareday.de
Sie erhalten diese Nachricht, weil Sie sich für den Equal-Care-Day-Newsletter eingetragen haben, in der Vergangenheit Interesse an den Projekten von klische*esc. e.V. gezeigt haben oder in anderer Form mit uns in Austausch getreten sind. Wir gehen deshalb davon aus, dass unsere Emails Neuwert für Sie haben und freuen uns, wenn wir Sie über Aktionen und Termine rund um den Equal Care Day auf dem Laufenden halten dürfen. Sollten Sie diese Mail irrtümlich erhalten haben oder keinen Bedarf mehr an Informationen zum Equal Care Day haben, bedauern wir das. In dem Fall geben Sie uns bitte ein Zeichen, damit wir Sie aus unserem Verteiler streichen können. Eine Antwort auf diese Mail mit Stichwort „austragen“ genügt. Vielen Dank.
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