Der PayGap sei eine Mär, die Debatte rund um den Equal Pay Day sei überholt, es sei doch eigentlich (wenn überhaupt) ein Kinder-Gap, eine Benachteiligung derer, die der Familie wegen zurücktreten, egal ob Mann oder Frau. (Quelle Fokus; Quelle DieZeit; Quelle fischundfleisch)

Doch erst gestern noch habe ich einen Tweet meiner Timeline weiterverbreitet, über eine Studie mit dem Fazit: Steigt der Frauenanteil, sinkt der Lohn, „Wo viele Frauen beschäftigt sind, meinen Arbeitgeber offenbar, weniger zahlen zu müssen.“ (>zum Artikel)

Auffällig auch: Wer den PayGap als verlogenen Rechenfehler outen möchte, lässt Studien zu Gender Status Beliefs völlig außer acht (z.B. das Heidi Roizen-Experiment). Und sollte es tatsächlich keine glaubwürdige Gegenstudie geben zur Aussage, Frauen ohne Kinder spürten so gut wie keinen #PayGap (0-2% Lohnlücke), so ist doch die Aggression zwischen den Zeilen erstaunlich: Lüge, feministische Rechentricks, können nicht logisch denken, Ideologie…

Sagen wir also, es gibt gar keine ungleiche Bezahlung zwischen Mann und Frau, ignorieren wir also den Renten-PayGap von 60%, der sei eben verursacht durch Teilzeit und Ehegattensplitting und hätte nichts mit ungleicher Bezahlung zu tun. Lassen wir auch mal außen vor, dass Männer früher und in größerer Zahl in Führungspositionen landen, selbst in Bereichen, in denen mehr Frauen arbeiten (z.B. Kita), dass Auszeiten wegen Kindern bestraft werden, dass (unsichtbare) CareArbeit (zu 80% von Frauen ausgeführt) in unserem Lohnsystem nur wenig zählt. Was bleibt: der Verdienst in MINT-Berufen ist höher als in Berufen mit geisteswissenschaftlichem Studium, und wer Steine hebt bekommt eine Zulage, wer dagegen Menschen hebt, der_m ist das in die Wiege gelegt. Und so werden mit kräftiger finanzieller Unterstützung des Gendermarketing Puppen wieder verstärkt als Mädchenspielzeug und Technikbaukästen als „Jungsinteressen“ verkauft – und die Mehrheit der Erwachsenen stimmt dem zu.

In der Debatte um den PayGap heißt es dann:

Wenn all das trotzdem kein Anlass sein soll, an einem EqualPayDay auf einen PayGap aufmerksam zu machen, weil doch die Ursache – nur? – in den Rollenbildern liegt, es ein FamilienGap ist, ein Sich-um andere-KümmernGap, beruflich wie privat. Dann bleibt doch trotzdem: das Gap. Das Weniger-Rente-Gap, das weniger Geld-zur-Verfügung-Gap, das Weniger-Mitspracherecht-durch-weniger-gut-dotierte-Stelle-Gap. Warum also die Gegenwehr? Warum nicht Vorschläge, wie die Misere so formuliert und thematisiert werden könnte, dass es keine Missverständnisse darum gibt? Dass wir uns gemeinsam dran machen könnten, diese Lücken, wie auch immer eins sie benennen möchte, zu verkleinern?

Und nur mal so nebenbei: Bloß weil es eine stichhaltige Erklärung für einen Missstand gibt, bedeutet das schließlich nicht, dass die Ungerechtigkeit damit aus der Welt sei, sie ist immer noch vorhanden.

Die gute Nachricht: Wer sich also an der Berechnung des EqualPayDay, dem Vergleich des bloßen Bruttoeinkommens stört und lieber über Rollenbilder sprechen möchte, kann sich ja gerne in Zukunft auf den Equal Care Day konzentrieren.

Die schlechte Nachricht: auch beim GenderCareGap liegt die Ursache an der ungleichen Verteilung von Last und Lohn.

Nachtrag vom 2.4.16: Auch die hier zitierte Studie zeigt, dass es selbst im gleichen Berufsfeld eine genderpaygap gibt:

„when it comes to women’s pay, computer programming is the most unfair occupation in America. On average, a woman makes 28 percent less than a man with the same job — and the same education, years of experience and age, among other factors“

(Dieser Artikel wurde zuerst auf mach-mir-die-welt.de veröffentlicht)